marcostoehr
1977 Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 Seitenansicht 2

Fahrbericht Mercedes-Benz 450 SEL 6.9

Beim Linksabbiegen auf die zweispurige Straße trete ich noch vor dem Scheitelpunkt etwas zu beherzt aufs Gas. Sofort sorgt die erhöhte Drehgeschwindigkeit der Hinterräder für Traktionsverlust. Der Wagen ist ein Biest. Die Rede ist vom Mercedes-Benz 450 SEL 6.9, den ich in diesem Moment pilotiere.

Ein paar technische Daten gefällig? Aus fast 7 Litern Hubraum (um genau zu sein 6.834 cm3) schöpft die S-Klasse aus den Siebzigern stolze 286 PS. Das sind noch echte PS, die weitestgehend unverfälscht an der angetriebenen Hinterachse ankommen. Ein Drehmoment von brachialen 550 Nm sorgt für Gummiabrieb an den 205er Reifen und entsprechende schwarze Streifen auf der Fahrbahn. Die Fahrleistungen sind von Mercedes tiefstapelnd angegeben worden, in damaligen Testberichten bei den einschlägigen Medien sind weitaus höhere Zahlen zu lesen. Erstaunliche Werte bei einem Leergewicht von fast zwei Tonnen.

1977 Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 Tankstelle
Häufiger notwendig: Tanken des Mercedes-Benz 450 SEL 6.9

Die merkt man auch. Trotz der im Mercedes 450 SEL 6.9 verbauten Hydropneumatik bewegt sich der Wagen je nach Last auf und nieder. Apropos nieder: beim damaligen Besitzer kam die goldene S-Klasse mit dem schwarzen Vinyldach nicht sonderlich oft zum Einsatz und so kam es vor, dass man nach dem Öffnen des Garagentors einen auf dem Boden liegenden Benz vorfand. Laut Bedienungsanleitung sollte man den 450er dann einfach Laufen lassen und die Karosse würde sich mit der Zeit heben. Tat sie aber nicht immer. Der Tipp eines KFZ-Meisters alter Schule: Einfach einen Wagenheber drunterpacken und dem Mercedes ein wenig helfen. Funktionierte tatsächlich gut.

So bewegte ich den auffälligen Mercedes von Zeit zu Zeit, um Standschäden zu vermeiden. Mal ging es zur Handwäsche, mal ein paar Kilometer über Landstraßen und Autobahn. Und oft auch zur Tankstelle, denn bei 16 bis 24 Litern Verbrauch ist auch der 96 Liter große Tank schnell leer. Auch wenn es meist gegen das Naturell des Wagens gediegen zuging, wie zum Beispiel beim Chauffieren eines befreundeten Brautpaars. Man wollte ja schließlich nicht, dass die Braut mit ihrem weißen Kleid auf den schwarzen Ledersitzen der S-Klasse hin und her rutscht. Auch wenn der Bräutigam zeitweise mal nach einer Leistungsdemonstration verlangte. Da reichten aber auch ein paar flottere Meter geradeaus.

1977 Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 Hochzeitsauto 2
Die Farbe ist Geschmacksache, die Formensprache einfach zeitlos

Von immerhin 473.035 gebauten Modellen der Baureihe 116 waren nur 7.380 Stück die Topmodelle mit dem 6.9 Schriftzug unter der Modellbezeichnung. Gebraucht sind so einige auf dem Markt und die Preise sind stark vom Zustand abhängig. Und natürlich von der Ausstattung. Aber rund 20.000 Euro muss man aktuell mindestens in die Hand nehmen. Drunter ist der Zustand entsprechend schlechter oder es handelt sich um nachträglich zum 6.9 umgebaute 116er.

Für mich ein Traumauto (neben dem W 126) und oftmals als das beste Auto der Welt bezeichnet. Vermutlich wird es ein Traum bleiben, aber irgendwann will ich noch mal einen fahren. Bis dahin nachfolgend noch ein paar Bilder zu meinem Fahrbericht zum Mercedes-Benz 450 SEL 6.9:

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