Für viele Menschen ist ein Ferrari ein Traum und er wird es für die meisten von ihnen auch bleiben, da sich nur die wenigsten jemals einen leisten können. Und die meisten Menschen kennen auch niemanden, der so eine italienische Sportflunder sein Eigen nennt. Nachdem ich immerhin schon den ein oder anderen Ferrari wie zum Beispiel den Ferrari 328 GTS bei Ausstellungen sichten konnten und mir im Ferrari Dino 246 GTS sogar mal Platz nehmen durfte, war es dann irgendwann soweit: meine erste Fahrt in einem Ferrari stand an. Auf dem Fahrersitz wohlgemerkt.
Ein Bekannter bat mich mangels Zeit darum, mit seinem Ferrari bei einem von mir empfohlenen Beulendoktor vorstellig zu werden. Also traf ich morgens bei ihm zu Hause ein und seine Frau drückte mir den Schlüssel in die Hand und danach auf den Garagentoröffner. Voller Ehrfurcht wartete ich und da stand er dann, der Wagen mit dem sich aufbäumenden Pferdchen. Allerdings unscheinbarer, als man vermuten möchte, denn der 456 GT und auch die hier vor mir stehende modifizierte Version namens 456M GT, die ab 1998 verkauft wurde, ist halt ein GT. Gran Tourismo ist hier Programm. Das Reisecoupé setzte die Tradition der 2+2-Sitzer fort. Tatsächlich bietet der Ferrari 456M GT zumindest augenscheinlich so etwas wie Platz in der zweiten Reihe. Ausprobiert habe ich es nicht.
Zweites „Manko“: der Ferrari war nicht rot. Allerdings kamen viele dieser GT-Modelle ihrer Klasse entsprechend in „normalen“ Farben auf den Markt, der hier in der Garage auf seinen Einsatz wartende Wagen war schwarz oder „Nero Daytona“, wie es laut Aufkleber im Motorraum so schön heißt. Das hat natürlich mit einem typisch aggressiv-roten Ferrari nichts zu tun, ist aber allemal besser als eine Art „british racing green“, das ich gerade bei diesem Modell auch schon gesehen habe.
Wer nun glaubt, der Wagen könnte auch nichts, der liegt allerdings falsch. Der letzte Ferrari mit Klappscheinwerfern beherbergt unter seiner langen und da aus Kohlefaser bestehend sehr leichten Motorhaube einen Zwölfzylinder, der über einen Hubraum von rund 5,47 Litern verfügt. Hier wird sogleich das Rätsel um die Modellbezeichnung gelöst, denn die 456 gibt den Inhalt eines Zylinders an. Als 456M leistet dieses Aggregat dann immerhin 442 PS, die über ein Schaltgetriebe mit 6 Gängen an die angetriebenen Hinterräder weitergegeben werden. 550 Nm liegen hier bei rund 4.500 Umdrehungen pro Minute an.
Laut Werksangabe lässt sich der leer immerhin fast 1,7 Tonnen wiegende Ferrari damit in 5,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 katapultieren, für eine Viertelmeile, also zirka 400 m braucht er 13,3 Sekunden. Das Ende der Fahnenstange soll bei 302 km/h erreicht sein, als GTA mit Automatik geht alles ein Quäntchen langsamer. Diese ist allerdings nicht sonderlich verbreitet und man liest im Netz auch nichts Gutes darüber.
Ausprobieren konnte ich von den obigen Angaben übrigens nichts, denn mein Weg führte mich im Regen durch eine Tempo-30-Zone, die ich zwar nur im ersten Gang, aber immer noch zu schnell fuhr. Dann fuhr ich durch die vollgestopfte Stadt auf der Suche nach einer großen Parklücke, da man nach hinten so gut wie nichts sieht und eine Einparkhilfe nicht vorhanden war (wurde noch nachgerüstet). Dann ging es noch in einen Vorort und ich entschied mich für ein kurzes Stückchen Autobahn. Es ging zwar nur eine Ausfahrt weiter, dennoch ließ sich das Potential des flotten Italieners bereits erahnen.
So ging es mit 100 km/h von der rechten auf die linke Spur, das Gaspedal wurde leicht angetippt und innerhalb kürzester Zeit zeigte der Tacho 160 km/h an, bevor ich wieder bremsen musste. Auf einer Landstraße noch mal bei 50 km/h das rechte Pedal gestreichelt und schon ging eine ASR-Warnung an, die Hinterräder verloren auf dem nassen Untergrund die Traktion. Dann musste ich wenden und stellte fest, dass der Ferrari einen Wendekreis wie ein LKW hat, man braucht ordentlich Platz. Die Idee, den Wendekreis mittels eines beherzten Tritts auf das Gaspedal zu verkleinern, hatte ich schnell wieder verworfen, da es sich ja nicht um mein Auto handelte.
Ein wenig emotionslos war meine erste Fahrt in einem Ferrari, was aber hauptsächlich daran lag, dass ich nicht zum Vergnügen unterwegs war und es natürlich nass war. Mittlerweile konnte ich den Wagen zwar ein, zwei mal auf trockener Fahrbahn bewegen, die Strecke samt hohem Verkehrsaufkommen war aber ähnlich hinderlich, um auch nur ansatzweise die Kraft des Ferrari 456 M GT entfalten zu können. Die Blicke der Passanten zeigten aber, dass das Außengeräusch selbst im Rollbetrieb wohl sehr schön und ein Ferrari nicht immer Rot sein muss.
Weitere Bilder vom Ferrari 456M GT gibt es in der nachfolgenden Galerie: