Ich war etwa 9 Jahre alt, als ich im Fernsehen gebannt die Geschichte um John Blackthorne in der Fernsehserie Shogun verfolgte. Samurai, Schwerter und Ninja erfreuten das Herz des jungen Marco. Die Erstausstrahlung der Romanverfilmung lief Ende 1982. Wiederholt wurde das Ganze dann noch mal Mitte der Achtziger und ich war erneut fasziniert von Richard Chamberlain als englischem Seefahrer, der sich in der japanischen Kultur der damaligen Zeit zurechtfinden musste. Natürlich ging es hier nicht ohne Liebesgeschichte und auch ich fand die von ihm begehrte Dame sehr reizvoll. Obwohl der Roman Japans, wie der Untertitel des Buches Shogun von James Clavell lautet, auf Tatsachen beruht, ist die Liebesgeschichte nur erfunden und hat in der Realität nicht stattgefunden. Für den Roman und den Film / die Serie war es sicherlich ganz nett.
Nach etlichen Jahren (ca. 2018) nahm ich mir dann vor, auch mal das Buch zu lesen. Dieses stand Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte bei meiner Mutter im Regal. Ein gebundener dicker Wälzer mit Einband. Doch als ich den Entschluss fasste, Shogun zu lesen, war das Buch nicht mehr da. Meine Mutter wusste nicht mehr, ob sie es verliehen oder beim Umzug entsorgt hatte und so war die Enttäuschung groß. Von Zeit zu Zeit schaute ich mal im Internet oder in einen öffentlichen Bücherschrank, wie man sie immer häufiger in den Städten findet. Doch die gewünschte Ausgabe war nicht zu finden. Ich wollte aber genau diese, wie ich sie Jahre im Regal stehen sah und die hier als Titelbild des Beitrags zu sehen ist.
Dann entdeckte ich Shogun in genau dieser Version, doch die Anbieterin wollte viel zu viel Geld dafür haben. Mit etwas Glück folgte kurze Zeit darauf ein günstigeres Angebot und nach Handelseinigkeit kam das Buch an. 918 Seiten sehr klein geschriebenen Textes. Für mich ohne Lesebrille kaum zu entziffern. Ich hatte lange nicht gelesen (also über den alltäglichen Gebrauch hinaus) und der Respekt war entsprechend groß. Eines Abends begann ich und kam nur ein paar Seiten weit. Dann lag das Buch ungelesen auf dem Nachttisch.
Dieses Jahr (2022), also fast 40 Jahre nach Erstausstrahlung, war es dann so weit. Augen zu oder in dem Fall auf und durch. Es war gar nicht so leicht, wieder in einen schönen Lesefluss zu kommen. Die vielen Namen und Titel und Verwandtschaftsverhältnisse musste man erst mal in den Kopf bekommen und auch die japanischen Begriffe wollten mir nicht so im Gedächtnis bleiben, wie ich mir das gewünscht hätte. Und so suchte ich mir im internet immer mal wieder eine Bedeutung japanischer, aber auch deutscher Begriffe heraus, die meist veraltet oder fachspezifischer Natur waren.
Einige Passagen sind natürlich flüssiger zu lesen, wenn es denn um Handlungsstränge geht. Diese sind sehr detailliert beschrieben, was die Seitenzahl von 918 erklärt. Allerdings habe ich schon gelesen, dass es auch eine ungekürzte Fassung gibt, die mit 1.024 Seiten noch mal mehr als 100 Seiten dazupackt. Keine Ahnung, was den Leser da noch erwartet. Letztlich ist der Film um einiges kürzer, dreht er sich doch hauptsächlich um die Figur John Blackthorne, während im Buch seitenlang die bereits erwähnten Beziehungen der japanischen Figuren unter- und zueinander beschrieben werden.
Für mich spannend ist, wie einem das Gedächtnis einen Streich spielen kann. So wartete ich das ganze Buch über auf eine Ereignis, an das ich mich vermeintlich erinnerte, welches aber gar nicht stattfand. Eventuell habe ich das einfach mit einem anderen Film verwechselt. Das war etwas enttäuschend, aber insgesamt war das Buch recht spannend. Ich finde es schade, dass das Ende etwas offen bleibt. Klar kann man Toranagas Gedanken interpretieren und so auch weiterführen, aber es wirkt ein wenig so, als sei am Ende des Buches, das sonst sehr ausschweifend Situationen beschreibt, keine Zeit mehr geblieben.
Der Einblick in die japanische Kultur war sehr interessant. Die Frage ist immer, wie nah das an der Realität ist und was einfach einer gewissen Romantisierung entspricht. Gerade in den 80ern wurde alles Japanische ja sehr gehyped, wie es so schön heißt. Karate Kid, American Fighter (im Original American Ninja) und wie diese ganzen Martial Arts-Filme sonst noch so hießen, sorgten für einen regelrechten Japan-Boom. Überall entstanden Kampfschulen, es gab japanische Restaurants und alles kaufte japanische Produkte wie Fernseher und Autos. Doch dazu in einem anderen Beitrag mehr.